Vielleicht liegt es an der kategorisch besinnlichen Jahreszeit oder an der endlich durchgesetzten Frauenquote oder an den neuen weiblichen Führungsspitzen oder an den ganzen Internetrecherchen, die ich durchgeführt habe, bei denen ein Thema immer wieder in mein Blickfeld kam: Die Rolle der Frau.
Maybe it is because of this categorically thoughtful time of the year or because of new political decisions to bring more women to pole positions in companies or because of all the internet research I did, there was always this one topic on my mind and on my screen: The role of women.
Altes Thema – altes Leiden?
Zugegeben, kein neues Thema, nein, ein ganz altes. Ich hatte mich eigentlich auch schon damit abgefunden, eine Meinung dazu gebildet zu haben, bis ich mit einer einfachen Frage konfrontiert wurde: Wen würden Sie denn als weibliches Vorbild benennen? Hm. Ich antwortete mit: Was würden Sie denn als starke weibliche Eigenschaft bennen? Hm. Ich habe nicht länger darüber nachgedacht, ich wollte mich eigentlich nicht schon wieder damit beschäftigen, war ich doch eigentlich der Ansicht, dass die Kategorien männlich und weiblich irgendwie veraltet und überholt sind und dass ich das Argument mit der Steinzeit zwar logisch nachvollziehbar, aber aktuellsozial unerträglich finde. Als hochentwickelte Gesellschaft berufen wir uns noch immer auf Instinkte und Gewohnheiten aus den Zeiten des Sammelns und Jagens? Sind wir nicht subtiler als das? Um mich nicht misszuverstehen: Ich widerspreche nicht. Ich kenne mich da auch zu wenig aus, um das bestätigen oder widerlegen zu können. Da ist bestimmt ganz viel Wahres dran. Ich widerspreche nur, wenn es heißt: Wir können ja gar nicht anders. Diese Zeiten sind vorbei. Wir können ja gar nicht anders. Wir können sehr wohl anders. Und wir wollen es auch, wie immer häufiger deutlich wird.
Was eigentlich wollen wir?
Ja, das ist die Frage. Was eigentlich wollen wir? Gleich behandelt werden? Alle Potentiale nutzen? Das klingt doch ganz vernünftig. Doch worin genau liegen eigentlich unsere Potentiale? Wenn ich mir meine Studierenden anschaue, dann erkenne ich in dem Seminarverhalten kaum genderdefinierte Unterschiede. Vielleicht den einen, dass die Studentinnen sich häufiger mitteilen als die Studenten. Das hängt aber eher vom Thema ab denn von einer sozialbiologischen Grundlage. Was nun eigentlich ist eine gute weibliche Eigenschaft? Natürlich können wir Frauen auch kämpfen und klug sein und gebildet und durchsetzungsvermögend und rational und führend. Natürlich. Denn Männer können ja auch einfühlsam und emotional und sozialkompetent und teamorientiert und geistig ernährend sein. Oder?
Was ist die weibliche USP?
Was also sind die wirklichen Vorzüge, die wir, um es mal wirtschaftlich auszudrücken, auch vermarkten können? Ich bin, wie so oft, zufällig über einen interessanten Beitrag eines TED-Talks gestoßen. Eigentlich hatte ich mich gerade mit dem Konzept Hackschooling beschäftigt (dazu bald mehr), als ich über Colin Stokes‘ Beitrag über versteckte Bedeutungen in (Kinder-)Filmen und welche Vorbilder sich daraus ergeben für seine Kinder. Aus seinen Beobachtungen ensteht für ihn ein Wunsch-Vorbild für seine Tochter (und auch für seinen Sohn):
– Making friends with everybody
– Love to share the knowledge to help others reach their potential
– Be a leader
Ich bin mir nicht sicher, ob es dabei um „typisch weibliche“ Eigentschaften geht, aber es sind Werte und Fähigkeiten, die sich in unserer (westlichen) Gesellschaft schon versteckt zeigen. Soziale Gefüge aufbauen, Wissen aneignen und weitergeben (auch im Sinne einer Tradition), die Richtung angeben. Wenn ich nur kurz überlege, dann fallen mir auf Anhieb viele kleine Situationen ein, in denen sich Frauen oftmals unbewusst so verhalten, und vor allem der letzte Punkt: führen, die Richtung angeben, das hat sich, auch bei mir, noch nicht ausreichend verankert. Denn es bedeutet auch Verantwortung für mehr als sich selbst zu übernehmen, wenn ich eine Person, eine Familie, ein Unternehmen, eine Gesellschaft in eine neue, menschliche Richtung führen möchte. Ganz ehrlich: Ich habe das auch nicht gelernt. Ich habe zwar auch nicht gelernt, dass Frausein schlecht ist, aber ich habe gelernt, nicht zu viel zu sein. Nicht zu erfolgreich, nicht zu gut, nicht zu gebildet, nicht zu emotional, nicht zu selbstbewusst, nicht zu visionär, nicht zu kraftvoll, nicht zu laut.
Making friends with everybody, das heißt, absichtslos und ohne Vorbehalte auf fremde Menschen zugehen und neugierig auf sie und ihre Geschichten sein und ihre Potentiale erkennen. Und dann: be a leader. Organisiere die Potentiale. Folge der Vision. Hilf dem Team, wo immer es Hilfe braucht. Erst dann kann das gemeinsame Projekt gelingen.
Worauf warten wir dann also noch?
Wenn wir doch schon wissen, was wir können, nämlich freundlich sein und gütig und anderen zu ihrer Stärke verhelfen (ich weiß nicht, ob das vielleicht auch der Grund ist, warum es so viele Lehrerinnen gibt…die gute Absicht des Teilens und Weiterbringens?), worauf warten wir dann noch mit der Umsetzung? Was wir tun können? Nun, wie wäre es im Kleinen, indem wir neuen, fremden Menschen mit Neugierde statt mit Argwohn begegnen oder indem wir dem Bruder mal zuhören statt ihn anzumeckern oder indem wir auch mal Nein sagen und Nein meinen, indem wir eine Idee teilen. Indem wir aufhören zu kämpfen und anfangen, zu freunden (erstaunlich, dass es hierfür gar kein adäquates Wort gibt, oder?). Und nicht zu vergessen: Auch ihr Männer dürft mitmachen:
„A real man is someone who trusts his sisters and wants to be on their team.“ (Colin Stokes)
Ihr seid also herzlich eingeladen, ein Teil unseres Teams zu werden.
Und weil sich dieser Vortrag von Collin Stokes lohnt, hier das ganze Video: